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„Nigeria live - Voices from the African Continent" im Englischunterricht

08.04.2022 - Das Unterrichtsvorhaben „Voices from the African Continent: Focus on Nigeria“ ist seit dem Abitur 2021 eine verbindliche Vorgabe für den Englischunterricht in der Oberstufe.

Von Beginn an hatten sämtliche Schülerinnen und Schüler großes Interesse an den Lebenswirklichkeiten in Nigeria, einem anglophonen Kulturraum, der „India“ im Curriculum abgelöst hat. Da die Schüler nicht unbedingt mit dem afrikanischen Kontinent vertraut waren, wurden zunächst bekannte Fakten gesammelt, viele offene Fragen notiert und diese dann mit fiktionalen und nicht fiktionalen Texten, Dokumentationen sowie YouTube-Videos weitgehend beantwortet. Die Neugier war geweckt, vieles wurde bestaunt, so manche Frage blieb aber trotzdem offen.



Am vorletzten Schultag vor den Osterferien kam dann Camelus Jerome in unsere Schule, der Vater von Brenda, Schülerin in einem der beiden Englisch-Leistungskurse. Der heute 54-Jährige verließ Nigeria mit seiner Ehefrau im Jahr 2002 mit dem Ziel Italien, wo er zehn Jahre lebte. Während eines 8-monatigen Zwischenstopps in Marokko wurde Tochter Brenda, erstes Kind der beiden, geboren.  Später zog es die Familie dann weiter nach Deutschland, wo sie sich schon lange sehr wohlfüht.

Die Erwartungshaltung war sofort sehr hoch, als Camelus Jerome in seinem glitzernden afrikanischen Hemd mit goldenem Schmuck seinen 50-minütigen Vortrag mit einer Begrüßung auf Afrikanisch begann. Mit viel Stolz und Enthusiasmus erzählte er uns von der Bedeutung der Flagge(n), von der Kolonialisierung und der Rolle Großbritanniens, von der Unabhängigkeit des Landes, von den verschiedenen Kulturen, vom Essen, von den Ritualen und Traditionen, der Sklaverei und dem Biafrakrieg. Dabei zeigte Jerome der Gruppe immer wieder Dinge aus Nigeria, die die Ausführungen überaus anschaulich und fesselnd machten. So ging zum Beispiel eine Frucht („Kola nut“) im Raum herum, die sehr wertvoll sei und die man, wenn sie angeboten wird, nicht ablehnen sollte, um dem Gegenüber Respekt zu zollen.



Auch die authentischen Kleidungsstücke beeindruckten: ein braunes Yoruba-Oberteil („Agbada“) und ein weiteres überaus bedeutendes mit Löwenköpfen („Isi Agu“), das die Zugehörigkeit zu den Igbo verrät, zu denen auch Camelus Jerome gehört. Besonders die Schilderungen über den Biafrakrieg (1967 – 1970), in dem Schätzungen zufolge etwa 2.000.000 Menschen starben, ließen die Zuhörer verstummen. Spätestens, als Jerome berichtete, dass seine Mutter ihm als 2-Jährigem „mit einem Stück Stoff den Mund zugehalten“ hat, weil es den „sicheren Tod“ bedeutet hätte, wenn die Soldaten wegen irgendwelcher Geräusche auf ihr Versteck aufmerksam geworden wären.

Dem Vortrag, der durchweg auf Englisch gehalten wurde, schloss sich eine 30-minütige Fragerunde an, in der die Kursteilnehmer weitere Antworten zu Nollywood (der nigerianischen Filmindustrie), zur Medizinversorgung, zu Hochzeitsritualen, zur Besonderheit des Essens, zum Schulwesen und zur aktuellen Politik erhielten. Auf die Frage, was er am meisten vermisse, nannte Jerome das Wetter, das dort immer fantastisch sei. Was er an Deutschland am meisten schätze, sei das Schulwesen, das im Gegensatz zu Nigeria zudem kostenlos sei. In Nigeria müsse man sich für eine gute Schulbildung der Kinder hoffnungslos verschulden, in einem Land, wo eine Person mit einem Euro am Tag sein Leben bestreiten kann bzw. muss.

Sehr deutlich wurde in den anderthalb Stunden, dass Nigeria ein Land mit vielen verschiedenen Ausrichtungen in Bezug auf Religionen, Traditionen und Kulturen ist, absolute Einigkeit gebe es aber im Bereich des Essens bei dem Gericht  Jollof-Reis, „der schmeckt überall genau gleich, egal wo man ist, es ist immer dasselbe Rezept“.

Diese Stimme vom afrikanischen Kontinent wird allen Zuhörerinnen und Zuhörern mit Sicherheit lange in Erinnerung bleiben. Nochmals herzlichen Dank!


Text: M. Brechmann



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